Capital Wirtschaftsnachrichten
Elon Musk hat mit seiner Wette auf Donald Trump zwar extreme Gewinne eingefahren. Doch das nützt ihm wenig, wenn er sie nicht bald flüssig macht. Denn der Tesla-Chef braucht dringend Bares
Elon Musk hat in den vergangenen Jahren immer wieder bewiesen, dass er nicht nur ein äußerst innovativer, sondern auch cleverer Geschäftsmann ist: Mit einem geschätzten Vermögen von rund 330 Milliarden US-Dollar ist er nicht zufällig der reichste Mensch der Welt. Massiv dazu beigetragen hat seine Wette auf den Wahlsieg von Donald Trump, dessen Kampagne er mit knapp 120 Millionen Dollar unterstützte. Der Lohn: Musk ist jetzt „First Buddy“ und Trumps engster Berater. Und seine Firmen - allen voran sein E-Autopionier Tesla - feiern ein beispielloses Kursfeuerwerk. Für Musk hätte es kaum besser laufen können.
Immer deutlicher wird, mit welch strategischem Kalkül er in den vergangenen Jahren an seine Investments und an die Unterstützung für Trump herangegangen ist. Isoliert betrachtet waren einige der Deals zwar gigantische Rohrkrepierer. Aber insgesamt waren sie für Musks Reich aus Tesla, SpaceX und Starlink vielleicht das beste Geschäft aller Zeiten.
Dabei war der Multi-Unternehmer von Anfang an geradezu zum Siegen verdammt. Denn Musk hat trotz aller Erfolge und seines stattlichen Vermögens ein riesiges Cash-Problem in seinem Firmenreich. Schuld ist der Kauf von Twitter vor zwei Jahren. Der Deal kostete ihn satte 44 Milliarden Dollar – fast ein Siebtel seines heutigen Vermögens. In den nächsten Jahren muss er dafür Kredite entweder verlängern oder aus eigener Tasche zurückzahlen. Musks riskante Trump-Wette ist dafür die perfekte Ausgangsbasis.
Kredite für den „schlechtesten Deal aller Zeiten“ drücken Musk
Auf den ersten Blick war der Twitter-Kauf ein finanzielles Desaster. Als Musk die Plattform im Oktober 2022 übernahm, schien der Kaufpreis völlig überhöht. Dazu büßte das inzwischen X heißende Unternehmen keine zwei Jahre später fast 80 Prozent seines Wertes ein, wie der US-Finanzkonzern Fidelity errechnet hat. Im Juli war Musks Plattform nur noch rund 9,4 Milliarden Dollar wert. X macht bis heute die anhaltende Abwanderung von Werbekunden zu schaffen, die kurz nach Musks Übernahme einsetzte, weil der Milliardär sämtliche Regeln abschaffte und die Plattform zu einem Forum für Rassisten, Verschwörungstheoretiker und Antisemiten machte.
Die Finanzpresse nannte die Twitter-Übernahme den „schlechtesten Deal aller Zeiten“. Den Großteil der Kaufsumme musste Musk durch den Verkauf von Tesla-Aktien aufbringen. Darüber hinaus erhielt er direkte und indirekte Kredite von sieben Banken, darunter Top-Adressen wie Morgan Stanley und Bank of America. Als Sicherheit brachte er dafür einen weiteren Teil seiner Tesla-Aktien sowie Vermögenswerte von X ein. Laut SEC-Dokumenten, aus denen die „Wirtschaftswoche“ zitiert, hat Musk allein für die von ihm persönlich aufgenommenen Kredite fast 60 Prozent seiner 411 Millionen Tesla-Aktien als Sicherheit verpfändet. X selbst musste zusätzliche Kredite in Höhe von 13 Milliarden Dollar aufnehmen. Als Sicherheit diente der Unternehmenswert.
Die Kredite des Bankenkonsortiums werden 2027 und 2029 fällig. Da sie die Kredite wegen des Wertverlusts von X nicht wie üblich an Investoren weiterreichen konnten, wie das „Wall Street Journal“ Ende August berichtete, können sie nur hoffen, dass Musk ihnen das Geld irgendwie zurückzahlen kann. Bis dahin kassieren sie enorme Zinsen.
Musk braucht also in absehbarer Zeit viel Bares. Dass dem Workaholic - bei dem man sich stets fragt, wann er sich eigentlich um all seine Unternehmen kümmert -, gerade ein 56 Milliarden Dollar schweres Vergütungspaket von Tesla wegen eines Gerichtsentscheids durch die Lappen gegangen ist, kommt da zur Unzeit. Das Geld wäre willkommen gewesen. Eine Richterin in Delaware bestätigte jedoch ein entsprechendes Urteil vom Januar wegen mangelnder Transparenz gegenüber den Aktionären.
Was anderen Unternehmern wahrscheinlich längst das Genick gebrochen hätte, ist für Musk allerdings nur ein weiteres Zahlen-Problem. Denn auf den zweiten Blick war die X-Übernahme das Geschäft seines Lebens. Weil Musk die Plattform im Wahlkampf vielleicht zu Trumps wichtigstem Propaganda-Kanal machte, wurden alle Trump-Wetten, von denen Musk profitierte, überhaupt erst möglich. Musk hat auf die Gunst des künftigen Präsidenten spekuliert und gewonnen. X war keine rein wirtschaftliche Wette, sondern eine Investition in die Zukunft – und die beginnt gerade erst.
SpaceX und Starlink sind Cashcows
Beispielsweise dürften die seit Jahren lukrativen Geschäftsbeziehungen, die Musk zur US-Regierung unterhält, hilfreich für die Tilgung der X-Kredite werden. US-Experte Julius Van de Laar schätzt in einem Interview, dass Musk schon jetzt bis zu 15 Milliarden Dollar pro Jahr aus Washington für die Dienste von SpaceX erhält - das Weltraumunternehmen wächst rasant.
Wie das Nachrichtenportal Bloomberg berichtet, steht die Firma - die bislang nicht an der Börse notiert ist und zu mehr als der Hälfte Musk gehört -, kurz vor einer Bewertung von 350 Milliarden Dollar. Das wäre eine Verdoppelung innerhalb nur eines Jahres. Noch im Juni wurden die Aktien mit 210 Milliarden Dollar bewertet, im November waren es 255 Milliarden. Auf 350 Milliarden wäre es ein weiterer Sprung - innerhalb nur weniger Wochen - von fast 40 Prozent.
Interview Bobby Kogan - Wie will Musk sparen. 8.30
Die neue Bewertung soll im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Transaktion ermittelt worden sein, bei der Musk ebenso wie seine Mitarbeiter ihre Aktien - die einen Großteil ihrer Vergütung ausmachen - an zugelassene Investoren verkaufen können. Die Verhandlungen laufen, berichtete Bloomberg jüngst. Kommt der Deal zustande, würde auch der Verkauf von SpaceX-Anteilen Musk ein zusätzliches finanzielles Polster verschaffen. Angeblich hält er über einen Trust 54 Prozent am Unternehmen und verfügt über 78 Prozent der Stimmrechte.
Sein größter Coup - sein Ass im Ärmel - könnte am Ende ein Börsengang sein: Ein SpaceX-IPO ist zwar nicht in Sicht, dafür wird aber seit Längerem über einen Börsengang der Konzerntochter Starlink spekuliert. SpaceX-Chefin Gwynne Shotwell selbst brachte diese Möglichkeit 2020 ins Spiel. Seitdem hat Musk die Hoffnungen immer wieder angefacht. Die SpaceX-Sparte, die Breitband-Internet über Satelliten liefert, sollte erst einmal „halbwegs vorhersehbare Umsätze“ bringen, so formulierte er es 2021.
Mit Trumps Hilfe könnte das bald der Fall sein. Das Potenzial von Starlink ist riesig - auch ohne Börsengang. Es sind Starlink-Satelliten, die die Ukrainer seit dem russischen Angriff 2022 mit Internet versorgen. Auch russische Truppen setzen die Technologie angeblich ein - Musk hat das jedoch für abwegig erklärt. Die amerikanische Fluggesellschaft United Airlines unterzeichnete jüngst eine Vereinbarung mit SpaceX, um via Starlink-Satelliten zuverlässiges und kostenloses Internet in ihre künftig mehr als 1000 Flugzeuge zu bringen. Fluggäste hätten damit Zugang zu Streaming, sozialen Medien, Shopping und Gaming an Bord – auf Flugzeugmonitoren und auf den eigenen Geräten. 2025 soll es losgehen. Ein Börsengang von Starlink wäre das Sahnehäubchen. Die Geldquellen müssen sprudeln, dann läuft es auch in Zukunft für Musk.
Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.
Eines Tages so reich sein wie Warren Buffett: das wird nicht leicht. Seine und andere Strategien an der Börse zu kopieren allerdings schon. Hier kommen die wichtigsten Tipps und Börsenweisheiten der Investment-Elite
Noch nie hatten so viele Menschen einen so einfachen Zugang zu den Kapitalmärkten. Ein Depot zu eröffnen dauert heute oft nur wenige Minuten und schon liegt die ganze Welt des Investierens dem Anleger zu Füßen. Nur, der zweite Schritt, das Investieren, ist dafür so kompliziert wie nie zuvor. Denn die Auswahl an Aktien, ETFs und anderen Wertpapieren wird immer größer. Wer die richtigen kaufen will, sollte dafür eine Strategie haben. Aber welche sind tatsächlich erfolgreich?
Wenn es um fundierte Ratschläge geht, lohnt sich auch ein Blick auf die Strategien von Star-Investoren. Sie haben nicht nur Millionen verdient, sondern sind auch langfristig mit ihren Investments erfolgreich. Wie also können Anlegerinnen und Anleger denn nun wirklich reich werden? Wir haben ein paar der Investment-Tipps zusammengetragen.
Ob Discounter oder Supermarkt – der Preis bleibt gleich. Ein Test zeigt, warum wir überall denselben Preis zahlen und wie man langfristig trotzdem sparen kann
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Der Tabakkonzern Philip Morris will seine Kunden vom klassischen Rauchen abbringen – und sie an Tabakerhitzer gewöhnen. Hierzulande fällt das bislang schwer. Deutschlandchefin Veronika Rost über die Suche nach einem neuen Geschäftsmodell
Capital: Sie arbeiten bei einem traditionellen Tabakkonzern, der von sich sagt, er wolle die Menschen vom Rauchen abbringen. Es hat sogar eine Kampagne von Philip Morris gegeben unter dem Titel „Deutschland, hör auf zu rauchen“. Heißt das, das Unternehmen arbeitet daran sich abzuschaffen?
VERONIKA ROST: Wir schaffen einige unserer Produkte ab. Ich würde uns auch nicht mehr als traditionelles Tabakunternehmen bezeichnen. Die Idee ist wirklich, dass wir eine rauchfreie Zukunft kreieren möchten. Das heißt, wir schaffen die Zigarette ab. Das Problem bei der Zigarette ist die Verbrennung. Nicht das Nikotin, nicht der Tabak, sondern die Verbrennung des Tabaks. Das führt zu den schädlichen Stoffen. Wir wollen die Zigarette ersetzen durch Produkte, die deutlich weniger schädlich sind. Dazu gehören zum Beispiel Tabakerhitzer wie unter der Marke Iqos. Wir machen weltweit ungefähr 40 Prozent des Umsatzes nicht mehr mit der Zigarette.
Das heißt ja im Umkehrschluss, dass immer noch 60 Prozent des Umsatzes auf den traditionellen Tabakkonsum zurückgehen. In Deutschland, also dem Gebiet, für das Sie zuständig sind, sind die Zahlen noch schlechter. Sie haben also eine große Aufgabe vor sich.
Eine sehr große Aufgabe. In Deutschland ist es deutlich schlechter, da sind wir im Bereich von zehn Prozent. Wir haben hier ganz andere Rahmenbedingungen als in anderen Ländern. In Deutschland gibt es unter den Erwachsenen 30 Prozent Raucher. Das sind ungefähr 20 Millionen Menschen, und diese Zahl stagniert seit Jahren. In einem Land wie Japan, wo Iqos vor zehn Jahren eingeführt wurde, sind wir bei zehn Prozent Rauchern. In Skandinavien gibt es ein anderes Produkt, da liegt der Raucheranteil bei fünf bis sechs Prozent. In diesen Ländern wird die Idee, alternative Produkte zu nutzen, wenn man schon nicht aufhören kann zu rauchen, von den Regierungen und Behörden angenommen.
Im Grunde geht es ja darum, dass Sie sicherstellen wollen, auch in Zukunft noch ein Geschäftsmodell zu haben. Das erinnert ein bisschen an die Autoindustrie und deren Umstellung auf Elektroautos: Da werden auch noch große Umsätze mit dem Verbrenner erzielt, und die Umstellung fällt deshalb schwer. Haben Sie nicht ein ähnliches Problem?
Wir haben ein ähnliches Problem, aber ich würde sagen, wir waren mutiger. Es wird konsequent nur noch in die neuen Produkte investiert. Wir haben fast 13 Mrd. Dollar nur in deren Entwicklung gesteckt. Auch bei den Vertriebsformen wird konsequent nur noch dafür Geld ausgegeben. So machen wir es auch in Deutschland. Ich gebe praktisch kein Geld mehr aus, um die Zigarette zu vermarkten oder zu vertreiben. Sondern ich fokussiere mich auf die Alternativprodukte.
Aber das heißt ja: Wenn Sie nicht mehr in die Vermarktung der traditionellen Zigarette investieren, wird die ja noch lukrativer. Sie müssen nichts mehr ausgeben, erzielen aber trotzdem noch einen vergleichbaren Umsatz.
Ja, aber dieses Geld nutze ich für die Direktansprache der Kunden oder um die Infrastruktur auszuweiten und Raucher auf Alternativprodukte zu bringen. Das ist eine hohe Investition.
So will ein deutsches Start-up die Chipindustrie aufmischen
Es gibt auch an den Tabakerhitzern Kritik geübt, zum Beispiel vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Da ist von einer Art Einstiegsdroge die Rede: Man gewöhnt die Menschen an das Gefühl der Zigarette, mit der emotionalen Bindung und dem Nikotin. Besteht diese Gefahr nicht?
Es ist keine Einstiegsdroge, weil die Zahl der neuen Nikotin-Nutzer zurückgeht, die in den Markt kommen. Wir kümmern uns um die jetzigen Raucher. Das ist unsere Zielgruppe, und die sprechen wir an. Die Kritik geht an der Lebensrealität vorbei. 60 Prozent der deutschen Raucher sagen, dass sie nicht aufhören wollen zu rauchen. Ich kann sagen: Okay, Dein Pech. Oder ich biete ein deutlich weniger schädliches Alternativprodukt an.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“,
- wie sich das Rauchen in den jüngeren Altersgruppen in Deutschland entwickelt,
- warum auch in den Tabakerhitzern das süchtig machende Nikotin genutzt wird,
- ob Veronika Rost als Nichtraucherin ihre Produkte auch ausprobiert.
Christian Lindner warnt vor einer neuen Schuldenkrise. Das Problem heißt aber nicht Schulden, sondern Populismus. Lindner weiß das – und setzt sich trotzdem darüber hinweg
Eines muss man Christian Lindner lassen: Dafür, dass seine Partei seit Monaten im Bund mit Umfragewerten von drei bis vier Prozent deutlich jenseits der politischen Todesschwelle dahinsiecht, bringt er noch ganz schön Leben in die Bude. „D-Day“, „offene Feldschlacht“, „ein bisschen mehr Milei und Musk“ – selten hat ein Politiker mit ganz wenigen Sätzen und Auftritten für so einen öffentlichen Aufruhr gesorgt.
Der FDP-Chef erinnert damit inzwischen allerdings fatal an seinen Vorgänger Philipp Rösler. Als dessen Umfragewerte und Wahlergebnisse ab Sommer 2011 von Woche zu Woche schlechter wurden, versuchte es Rösler mit immer schrilleren Ansagen. Darauf angesprochen, was er denn damit bezwecke, antwortete Rösler: „Der Drache steigt nur im Wind.“ Was so viel heißen sollte wie: „Auch schlechte Presse ist Presse.“ Hauptsache, man wird überhaupt wahrgenommen.
Elf Jahre, nachdem Linder von eben diesem glücklosen Philipp Rösler den Parteivorsitz übernommen und die Partei aus der außerparlamentarischen Opposition erst zurück in den Bundestag und dann sogar in Regierungsverantwortung geführt hat, ist die FDP wieder da, wo Lindner sie einst aufgelesen hat. Das ist bitter und macht den FDP-Chef zu einer der großen tragischen Figuren der deutschen Politik.
FDP hält an Lindner fest
Dies gilt umso mehr als er nach wie vor eines ihrer größten politischen Talente ist: scharfsinnig, rhetorisch versiert, extrem sensibel für Stimmungen und Trends. Diese Kombination von Fähigkeiten findet man leider selten im heutigen Bundestag, was erklärt, warum seine Partei auch in der größten Krise und trotz seiner eigenen Verstrickung in den Niedergang an Lindner ziemlich unbeirrt festhält.
Es ließe sich jetzt viel sagen zur verhängnisvollen Verengung des Liberalismus auf ganz wenige Themen und Schlagworte. Diese Verengung hat Lindner nicht allein zu verantworten, er hat sie aber trotz seines Talents nie überwunden. Man könnte auch über seine Glaubwürdigkeit sprechen, wenn er sagt, er habe den Masterplan seines engsten Mitarbeiters zur Beendigung der Ampelkoalition „nicht zur Kenntnis genommen“ – eine so verräterisch gedrechselte Formulierung, dass Presse- und Medienanwälte darauf stolz sein werden. Oder über die gezielte Provokation mit Milei und Musk, von denen sich Deutschland mal eine dicke Scheibe abschneiden sollte.
Geschenkt – wir werden sehen, wohin dieser Drache Lindner und die FDP noch trägt.
Lindner warnt vor Schuldnekrise
Auffällig war in seinen Auftritten noch ein anderer Aspekt: die Warnung vor der Rückkehr der europäischen Schuldenkrise. In der Diskussion über die künftige Finanzierung von Investitionen und Steuerentlastungen in Deutschland durch neue Schulden sagte Lindner am Sonntagabend in der ARD: „Es könnte eine neue Staatsschuldenkrise in Europa drohen. Das Fundament des Euros wird unterspült durch Schulden wie vor 15 Jahren, das ist meine Sorge. Wenn wir als Deutsche die europäischen Fiskalregeln brechen, dann werden Frankreich und Italien erst recht keine Disziplin mehr haben.“
Der Hinweis war gleich mehrfach bemerkenswert. Zum einen, weil der Ex-Finanzminister Lindner natürlich die Folgen dessen, was sich in Frankreich diese Woche anbahnte und dann auch tatsächlich eintrat, genau abschätzen kann: eine wachsende Verunsicherung an den Anleihemärkten angesichts einer tiefen Regierungs- und Vertrauenskrise. Zum anderen sprach Lindner die Warnung aus, nachdem er kaum zehn Minuten zuvor noch seinen Respekt für so umstrittene Populisten und Rechtslibertäre wie Javier Milei und Elon Musk formuliert hatte.
STERN PAID 50_24 Reckwitz „Die optimistische Erzählung hat einen Knacks bekommen“ 05.58
Es ist schon eine spektakuläre Verdrehung von Ursache und Wirkung, die Lindner mit seinem rhetorischen Talent in wenigen Sätzen hinbekommt. Sollte sich Frankreichs Regierungskrise tatsächlich in den kommenden Wochen zu einer europäischen Schuldenkrise auswachsen (was unwahrscheinlich, aber nicht komplett ausgeschlossen ist), dann nicht etwa, weil Frankreichs Schuldenstand oder sein akutes Haushaltsdefizit plötzlich Zweifel an seiner Zahlungsfähigkeit ausgelöst haben. Ja, Frankreichs Schulden sind mit knapp 115 Prozent des BIP hoch, das aktuelle Haushaltsdefizit mit gut sechs Prozent ist sogar noch gravierender. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Frankreichs Wirtschaft seit Jahren stärker und dynamischer wächst als die deutsche.
Nein, Frankreichs größtes Problem ist der Populismus, der rechte wie der linke. Die extrem Rechten und die extrem Linken im Land können sich auf nichts einigen – außer auf den Sturz der Regierung. Frankreich steuert auf eine Unregierbarkeit zu, die in jedem Land bei Investoren Zweifel und Sorgen wecken würde, egal, wie hoch die Schulden sind.
Vertrauen ist wichtiger als Schuldenstand
Damit zahlt Frankreich den Preis für die Übermacht des Populismus. Ähnliches könnte den USA drohen, wenn Donald Trump dort demnächst seine Steuer- und Zoll-Pläne wahrmacht und zugleich der US-Notenbank Fed in ihre Zinspolitik reinreden sollte. Die Macht dazu hätte er. „Man muss nicht Lindner heißen, um das unverantwortlich zu finden“, sagte uns vor einigen Wochen der US-Ökonom Adam Posen.
Nicht der Schuldenstand eines Staates entscheidet über das Vertrauen der Finanzmärkte, sondern die Solidität seiner Institutionen: Finanzverwaltung, Notenbanken, Justiz – jene Institutionen, die von Leuten wie Milei in Argentinien bereits mit der Kettensäge bearbeitet werden oder denen dies mit Elon Musk in den USA noch bevorsteht.
Lindner ist zu klug, um diesen gefährlichen Zusammenhang zwischen Populismus und Staatsfinanzen nicht zu kennen. Er setzt sich darüber hinweg, um einmal mehr ein bisschen Zoff und Krawall zu erzeugen. Die in Deutschland dringend notwendige Debatte darüber, wie eine nächste Bundesregierung die gigantischen Aufgaben in den kommenden Jahren bewältigen soll, bringt er so keinen Millimeter weiter. Vielmehr erinnert er damit nur ein weiteres Mal an seinen Vorgänger Rösler. Nach einer seiner vielen verlorenen Wahlen wurde der gefragt, ob er oder seine Kollegen es vielleicht übertrieben hätten im Wahlkampf. Zerknirscht zitierte Rösler damals eine alte Handwerker-Weisheit: „Nach fest kommt ab.“
Für Linder gilt heute Ähnliches: Er ist ein begnadeter Oppositionspolitiker. Aber in der Regierung ist er leider fehl am Platz. Was umso tragischer ist, als das Land eine seriöse liberale Reformkraft, die nicht nur Sprüche klopft, wirklich gut gebrauchen könnte.
Zwischen Europa und Südamerika sollen Zölle abgebaut werden. Unternehmen hoffen auf neue Märkte und steigende Umsätze. Doch es gibt auch nach der Einigung noch Hürden
Rund ein Vierteljahrhundert lang haben die Unterhändler auf beiden Seiten des Atlantiks erbittert um Details gerungen – jetzt soll das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur endlich abgeschlossen werden. Bei einem Mercosur-Gipfel in Uruguays Hauptstadt Montevideo verkündeten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie die Präsidenten von Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay am Freitag eine Einigung auf den Vertragstext. Mit dem Abkommen würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 700 Millionen Menschen entstehen.
Was erhofft sich die EU von dem Freihandelsabkommen?
Im Endeffekt geht es um Jobs und Wohlstand. Über einen besseren Zugang zu den Märkten in den Mercosur-Ländern sollen europäische Unternehmen neue Wachstumsmöglichkeiten bekommen. Bislang müssen Importeure von EU-Waren zum Teil sehr hohe Zölle zahlen, die der Wettbewerbsfähigkeit schaden. Auf Autos sind es beispielsweise 35 Prozent, auf Maschinen 14 bis 20 Prozent und auf Chemikalien bis zu 18 Prozent. Die Zölle sollen nun schrittweise abgebaut werden. Am Ende könnten pro Jahr Abgaben in Höhe von rund 4 Mrd. Euro eingespart werden, hat die EU-Kommission ausgerechnet.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte die Einigung am Freitag als eine sehr gute Nachricht für Unternehmen. Das Abkommen könne einen dringend notwendigen Wachstumsimpuls für die deutsche und europäische Wirtschaft bringen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sprach von einem Meilenstein für die EU-Handelspolitik.
Was macht den Mercosur für die EU so interessant?
In den vier Mercosur-Ländern leben mehr als 260 Millionen Menschen. Zusammen bilden sie die fünftgrößte Wirtschaftsregion der Welt mit einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von 2,2 Billionen Euro. Im vergangenen Jahr importierten sie aus der EU Waren im Wert von 55,7 Mrd. Euro, in umgekehrter Richtung betrug das Exportvolumen 53,7 Mrd. Euro. Insgesamt könnten nach EU-Angaben 60.500 europäische Unternehmen profitieren.
Werden auch Verbraucher Vorteile haben?
Durch die Liberalisierung des Handels könnten Preise für importierte Produkte aus den Mercosur-Staaten sinken – zum Beispiel für Fleisch, Obst, Soja, Kaffee und Zucker. Zum Schutz der EU-Landwirtschaft sollen bei bestimmten Agrarprodukten die Märkte aber nicht vollständig geöffnet werden. Die Zollerleichterungen würden dort nur für eine bestimmte Liefermenge gelten.
Warum kritisieren Umweltschützer das Freihandelsabkommen?
Sie befürchten, dass die neuen Absatzchancen für landwirtschaftliche Produkte die Umweltzerstörung beispielsweise im Amazonas-Regelwald befeuern könnten. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das Abkommen am Freitag toxisch und schrecklich für das Weltklima. Sie geht davon aus, dass die Abholzungsraten in der Mercosur-Region wegen der höheren Importquoten für Rindfleisch in den kommenden sechs Jahren um fünf Prozent pro Jahr steigen werden. Sinkende Zölle auf Pestizide und Kunststoffe könnten demnach zudem die Plastikverschmutzung in Südamerika erhöhen und die Artenvielfalt gefährden.
Was haben die europäischen Bauern gegen den Vertrag mit dem Mercosur?
Die Landwirte in Europa befürchten, im Wettbewerb mit den südamerikanischen Großbauern nicht bestehen zu können. Im Mercosur wird in deutlich größerem Maßstab produziert, was Kostenvorteile mit sich bringt. Die europäischen Bauern beklagen zudem, dass für sie strengere Regeln beispielsweise beim Umweltschutz und bei der Lebensmittelsicherheit gelten als für die südamerikanischen Konkurrenten.
Wie reagieren die EU und die Bundesregierung auf die Kritik?
Sie weisen die meisten Vorwürfe als ungerechtfertigt zurück und betonen, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile eindeutig überwiegen würden. Zum Thema Pestizideinsatz erklärt etwa das Bundeswirtschaftsministerium, dass auch künftig alle Importe die gesetzlichen Anforderungen der Europäischen Union einhalten müssen. Dies bedeute, dass die in der EU geltenden Höchstwerte für Rückstände nicht überschritten werden dürften. Ganz allgemein gelte, dass nur Produkte, die den umfangreichen europäischen Vorschriften entsprechen, in die EU eingeführt werden dürfen.
Warum ist der Deal für die EU so wichtig?
Der künftige US-Präsident Donald Trump hat bereits vor seinem Amtsantritt neue Zölle angekündigt und damit Ängste vor einer noch protektionistischeren US-Handelspolitik geschürt. Die Europäische Union ist deshalb daran interessiert, ihre Wirtschaftsbeziehungen breiter aufzustellen. Dabei wird auch die Gefahr gesehen, dass sich die Mercosur-Staaten noch deutlich stärker als ohnehin schon China zuwenden, wenn sich die EU nicht stärker dort engagiert. Für eine Reihe von Ländern in der Region wie beispielsweise Brasilien ist China schon jetzt der wichtigste Handelspartner.
EU-Staaten wie Frankreich und Polen sind wegen des Protests der Landwirte gegen das Abkommen. Kann es gegen ihren Widerstand in Kraft treten?
Eigentlich nicht. Da das Abkommen neben Handelsabsprachen auch Vereinbarungen zum politischen Dialog und zur Kooperation enthält, müsste es eigentlich allen Mitgliedstaaten zur Ratifizierung vorgelegt werden. Die für die Verhandlungen zuständige EU-Kommission könnte allerdings versuchen, den politischen Teil vom Handelsteil abzusplitten. Der Handelsteil könnte dann per Mehrheitsentscheidung vom Rat der EU-Staaten angenommen werden und müsste nur dem Europäischen Parlament und nicht nationalen Parlamenten zur Zustimmung vorgelegt werden. Unklar ist allerdings, ob ein solches Vorgehen nicht Rechtsrisiken bergen würde.
Wann könnte das Abkommen formell unterzeichnet werden?
Nach dem Abschluss der Verhandlungen muss der Vertragstext nun noch einer juristischen Prüfung unterzogen und in alle Sprachen der Vertragsstaaten übersetzt werden. Eine Unterzeichnung wird deswegen vermutlich frühestens in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres möglich sein.
Brian Thompson, CEO von United Healthcare, ist mitten in Manhattan erschossen worden. Wer war Thompson, und wofür steht sein Unternehmen?
Es ist eine Szenerie wie aus einem Hollywood-Streifen: eine gesperrte Seitenstraße in Downtown Manhattan, gelbes Absperrband der Polizei, Markierungen am Boden und Polizisten in Uniform und Ermittler in zivil, die mit ernstem Gesicht die Szene beobachten. Bilder, die man sonst aus klassischen Thrillern kennt, aber nicht aus der Wirtschaftswelt, auch nicht aus den USA.
Doch genau dort ereignete sich am Mittwoch ein Verbrechen, das seither weite Teile des Landes in Atem hält und für Spekulationen sorgt: Ein unbekannter Mann erschoss hier am frühen Mittwochmorgen den Manager Brian Thompson, Chef von United Healthcare, einer Tochter des größten privaten Krankenversicherers der Welt, United Health. Thompson war auf dem Weg zu einer Investorenkonferenz in einem Hotel, als der Täter gezielt drei Schüsse auf Thompson abfeuerte.
Der Manager verstarb kurz darauf in einem Krankenhaus. Vom Täter und von der Tat gibt es inzwischen zwar viele Bilder und auch Spuren, die zu allerlei Spekulationen Anlass geben, bislang ist er aber auf der Flucht – er floh mit dem Fahrrad in den nahegelegenen Central Park, wo sich seine Spur verliert.
Botschaft auf Patronenhülsen
Was den Fall so besonders und brisant macht, ist das bisher rätselhafte Motiv. Am Tatort fand die Polizei drei Patronenhülsen, auf die der Täter nach Angaben von US-Medien eine Botschaft hinterließ: „Delay“, „Deny“ und „Depose“, was übersetzt so viel heißt wie „verzögern“, „ablehnen“ und „absetzen“. Drei Begriffe, die von der amerikanischen Öffentlichkeit vor allem mit der Geschäftspraxis von Versicherungen verbunden werden. Vor allem seit das Buch eines bekannten Rechtsprofessors 2010 – mit dem Titel "Delay, deny, defend" – genau diese Geschäftspraxis anprangerte:
Es warf den Versicherungskonzernen vor, auf Schadensmeldungen von Kunden gezielt mit Verzögerungstaktiken zu reagieren und dann die Zahlungen hinauszuzögern oder abzuschmettern. Und der Autor gab darin Ratschläge, wie sich Kunden gegen dieses Versicherungsgebaren zur Wehr setzen könnten. Die Ermittler gehen daher anhand der Inschrift auf den Patronenhülsen davon aus, dass der Täter ein persönliches Motiv haben dürfte.
Wieso aber richtete sich der Zorn des Schützen gegen den Manager des Krankenversicherers? Dazu muss man wissen, dass United Health der bedeutendste US-Krankenversicherer ist und einer der größten privaten Krankenversicherungskonzerne der Welt. Er operiert in einem Gesundheitssystem, das als das teuerste weltweit gilt, denn die amerikanische Krankenversicherung ist größtenteils privatwirtschaftlich organisiert. Es gibt keine Pflichtversicherung wie hierzulande und für viele US-Bürger sind die Versicherungspolicen unerschwinglich. Zudem unterliegt der Markt für Krankenbehandlungen, Medikamente und Therapien nur laxen Preiskontrollen. Regelmäßig streitet die US-Politik deshalb über die hohen Kosten und die teuren Beiträge für Krankenversicherungen.
Auch United Health wird als größter US-Krankenversicherer immer wieder heftig angegangen. Der Konzern besitzt 14 Prozent Marktanteil in den USA und verfügt dort über rund 50 Mio. Kunden. Mit seiner dominierenden Stellung ist die Unternehmensgruppe einer der wichtigsten Akteure auf dem US-Gesundheitsmarkt, und verhandelt so auch die Arzneimittelpreise und Behandlungskosten für andere Versicherungskonzerne mit. Ein Netzwerk aus angeschlossenen Apotheken beliefert zudem in den USA Millionen Patienten mit Medikamenten. Kritiker werfen dem Unternehmen jedoch vor, selbst bei eigentlich notwendigen Behandlungen häufig nicht die Kosten zu übernehmen oder sie sogar erst im Nachhinein zu verweigern. Die Patienten müssen die Behandlung dann aus der eigenen Tasche bezahlen.
Teil der „50 Aktien fürs Leben“
Dem Unternehmen selbst geht es insgesamt sehr gut. Es legte gerade in den vergangenen Jahren ein beachtliches Wachstum hin: Die Unternehmensgruppe gehört zu den größten Versicherungsunternehmen der Welt und kommt auf rund 130 Mio. Kunden weltweit. Der Gesamtkonzern erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 370 Mrd. Dollar, das war beinahe doppelt so viel wie noch 2017. Der Nettogewinn war 2023 mit 23 Mrd. Dollar sogar mehr als doppelt so hoch wie noch 2017, damals lag er bei 10 Mrd. Dollar. Auch das Ergebnis nach Steuern hat United Health seitdem mehr als verdoppelt. Die Dividende an die Aktionäre sogar fast verdreifacht.
Dank seiner guten Unternehmenszahlen war United Health auch immer wieder in der traditionsreichen Capital-Auswahl der „50 Aktien fürs Leben“. Und der Versicherer war längere Zeit auch Bestandteil im Portfolio des legendären Investors Warren Buffett, der die Aktien im Jahr 2006 im großen Stil kaufte. Damit adelte er den Konzern zum unterbewerteten Value-Unternehmen und veranlasste etliche Investoren ebenfalls zum Einstieg. Wenig später hatte sich Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway jedoch wieder von den United Health Papieren getrennt – obwohl Buffett normalerweise dafür bekannt ist, seine Investments über extrem lange Zeiträume zu halten. Er stieß sie aber bereits 2009 ab, just ein Jahr bevor das kritische Buch des Rechtsprofessors erschien. Das mag natürlich ein bloßer Zufall sein.
Fakt ist aber: Unter Investorengesichtspunkten legte die Aktie von United Health erst danach erst so richtig zu. Von daher hätte auch Investorenlegende Buffett gut daran getan, sie zu halten. Seit 2014 erzielte das Papier rund 470 Prozent Kursplus, das entspricht rund 19 Prozent pro Jahr.
Aktuell ist der Konzern an der Börse rund 530 Mrd. Dollar wert. Nach dem Attentat auf seinen Spitzenmanager Thompson verlor die Aktie von United Health zunächst rund acht Prozent an Wert. Sie fiel von 580 Euro auf 544 Euro. Seitdem erholte sie sich wieder leicht auf aktuell 550 Euro.
Der Jurist Paul Atkins soll künftig die US-Börsenaufsicht SEC leiten. Die Personalie schubste den Bitcoin am Donnerstag über die 100.000-Dollar-Marke. Wer ist der Mann?
Die Kryptoszene kommt aus dem Jubeln kaum noch heraus: Am Mittwoch verkündete Donald Trump nun, wer künftig der US-Börsenaufsicht SEC vorstehen soll. Für den Posten nominiert der designierte US-Präsidenten den Juristen und Finanzunternehmer Paul Atkins. Dieser gilt als Befürworter von Kryptowährungen und dürfte die Regulierung von Bitcoin und Co. weniger strengen handhaben als der derzeitige Vorsitzende der Börsenaufsicht, Gary Gensler. Der Bitcoin reagierte umgehend auf die Personalentscheidung: Noch in der Nacht zu Donnerstag knackte die digitale Münze die magische Marke von 100.000 US-Dollar, und hinterließ die Frage, wer eigentlich der Mann ist, der die Kryptomärkte so stark bewegen kann.
Vom ehemaligen SEC-Mitarbeiter zum Behördenchef
Paul Atkins hat Erfahrung mit der Behörde, der er vorstehen soll: Der 66-Jährige hat bereits jahrelang in leitender Position bei der Wertpapier- und Börsenaufsicht SEC gearbeitet. Außerdem gilt der Jurist als kryptofreundlich und unterstützt damit eines der Themen, die Trump während seiner Wahlkampagne für sich entdeckt hat: Trump gilt unter Bitcoin-Anlegern als große Hoffnung, seit er sich im Juli auf einer Konferenz für Kryptowährungen aussprach.
Seine Karriere begann Atkins nach einem Studium an der juristischen Fakultät der Vanderbilt University als Anwalt bei der New Yorker Kanzlei Davis Polk & Wardwell. Dort spezialisierte er sich auf Unternehmensgeschäfte wie Wertpapieremissionen, Fusionen und Übernahmen für nationale und internationale Kunden. Während dieser Zeit verbrachte er mehr als zwei Jahre in der Pariser Niederlassung der Kanzlei und erwarb 1988 den Titel eines französischen Rechtsberaters. Er spricht fließend Französisch, aber auch Deutsch: Seit mehr als 30 Jahren engagiert sich Atkins beim American Council of Germany. Mittlerweile ist er stellvertretender Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation, die sich für die Verständnisförderung in den deutsch-amerikanischen Beziehungen einsetzt.
Atkins Firma berät zu Kryptothemen
1990 wechselte Atkins erstmals für vier Jahre als Anwaltspartner und Berater zur SEC. Danach folgten Stationen bei den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Coopers & Lybrand und PwC. Im Sommer 2002 wurde Atkins während der Präsidentschaft von George W. Bush zum SEC-Kommissar benannt und hielt diese Position bis 2008 inne.
Kurz nach Ende seiner Amtszeit gründete der in North Carolina geborene und in Florida aufgewachsene Atkins die Firma Patomak Global Partners, ein Beratungsunternehmen für Finanzdienstleistungen. Patomak berät Banken und Wertpapierfirmen in Regulierungsfragen und zu Compliancethemen. In jüngster Zeit hat das Unternehmen Kunden bei Anliegen zu Kryptowährungen und digitalen Vermögenswerten unterstützt.
Auch Patomak-CEO Atkins selbst ist als Befürworter von Kryptowährungen bekannt. So hat der Jurist derzeit den Co-Vorsitz der Token Alliance inne, einer Initiative der Interessensvertretung Chamber of Digital Commerce, die die Industrie hinter der Blockchain-Technologie fördern und politische Entscheidungsträger über digitale Vermögenswerte informieren soll.
Personalwahl führt Bitcoin zur Rekordmarke
Nun erwartet Atkins eine neue Herausforderung als oberster Wertpapieraufseher des Landes. Seine Wahl verkündete Trump auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social: „[Atkins] glaubt an das Versprechen robuster, innovativer Kapitalmärkte, die auf die Bedürfnisse der Anleger eingehen und Kapital bereitstellen, um unsere Wirtschaft zur besten der Welt zu machen“, schrieb der designierte 47. Präsident der Vereinigten Staaten. „Er erkennt auch an, dass digitale Anlagen und andere Innovationen entscheidend sind, um Amerika größer zu machen als je zuvor.“ In seiner Nominierung lobte Trump Atkins als einen „bewährter Verfechter vernünftiger Regulierungen“, und signalisierte damit, dass sich seine künftige Regierung auf die Reform der Finanzaufsicht konzentriert.
Zwar muss im kommenden Jahr der neue, republikanisch geführte Senat die Nominierung noch bestätigen. Doch bereits die Ankündigung von Trump, einen Krypto-Befürworter zu seinem Wunschkandidaten für den Chefposten der mächtigen US-Börsenaufsicht SEC zu machen, hat den Bitcoin beflügelt. Zwischenzeitlich stand der Kurs bei 103.253 US-Dollar. Vor allem seit den US-Präsidentschaftswahlen am 5. November legte der Bitcoin enorm zu.
Bisheriger SEC-Chef hat Digitalwährungen stark reguliert
Bislang leitet Gery Gensler die Behörde, die für den Schutz der Anleger vor Betrug und Fehlverhalten an der Wall Street zuständig ist. Der von Präsident Joe Biden berufene Gensler hatte im November angekündigt, am Tag von Trumps Amtseinführung – dem 20. Januar 2025 – von seinem Posten zurückzutreten. Der SEC-Chef ist für seinen harten Kurs gegenüber Digital-Währungen bekannt: Er hatte mehr als 40 Regeln zur Erhöhung der Transparenz, zur Verringerung von Risiken und zur Beseitigung von Interessenkonflikten an der Wall Street erlassen. Zudem hatte er mehrere Kryptounternehmen verklagt, denen er vorwarf, SEC-Regeln zu missachten.
Von Paul Atkins als neuem Behördenleiter wird dagegen erwartet, dass er zeitnah einige von Genslers Initiativen zurückdrehen könnte und Kryptowährung einen größeren Freiraum einräumen wird. Die Kryptobranche sehnt sich den Personalwechsel bei der SEC jedenfalls herbei.
Union und FDP wollen das Heizungsgesetz kippen – das Handwerk ist besorgt. Droht ein Rückschritt bei der Energiewende oder eine dringend nötige Klarstellung für die Branche
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Friedrich Merz meidet zunehmend streitbare Positionen. Das erinnert nicht nur an eine prominente Vorgängerin. Das ist gefährlich – für die Demokratie und für seine Kandidatur
Friedrich Merz saß am Mittwochabend in der Sendung von Sandra Maischberger. Das war ein passendes Format für ihn, um den Deutschen zu zeigen, dass er nicht jener Lord Voldemort des Neoliberalismus ist, als den ihn die SPD hinzustellen versucht. Leider wirkte der Kanzlerkandidat der Union mal wieder ein bisschen zu sehr so, als wolle er es allen recht machen. Als wäre dieser Friedrich Merz nicht der Chef der Union, sondern der UN.
Beispielhaft zeigte sich das an seiner Empörung über Christian Lindner, der sich kürzlich dafür ausgesprochen hatte, in Deutschland „mehr Milei“ zu wagen, Politik hierzulande also in etwa so disruptiv zu denken, wie der argentinische Präsident das in verstörendem Maße tut. Er sei „entsetzt“ gewesen, als er das gehört habe, sagte Merz bei Maischberger, was erst einmal sympathisch klang, aber genauso gut auch aus dem Munde führender Sozialdemokraten hätte kommen können. Das kann für die CDU nicht der richtige Weg sein.
Merz ist Vorsitzender seiner Partei und ihr Kanzlerkandidat geworden, weil er für Veränderung stand und wie die Ideallösung wirkte, um der Union ihre Kantigkeit zurückzubringen. Mittlerweile meidet er auf so ziemlich jedem sensiblen Feld streitbare Positionen.
Anders als früher traut sich Merz nicht mehr die Forderung zu wiederholen, das Renteneintrittsalter anzuheben. Von einer großen Steuerreform ist er schon lange weg. Er würde als Kanzler womöglich doch die Schuldenbremse reformieren und wohl ebenfalls davon absehen, der Ukraine den Taurus zu liefern. Sogar die Grünen, die er noch im vergangenen Jahr zu einem „Hauptgegner“ erklärte, sind auf einmal irgendwie nicht mehr so schlimm.
Merz, der die Wurschtigkeit Angela Merkels vergessen machen sollte, wirkt auf einmal so, als eifere er ihr nach.
Es reicht nicht, vom Kurswechsel immer nur zu reden
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Javier Milei ist ein problematischer Präsident. Und wer Kanzler werden will, darf nicht nur seine eigene Fanbase im Blick haben, sondern die gesellschaftliche Mitte. Aber Merz' Anziehung in- und außerhalb seiner Partei basiert auf seinem Image als change manager. Es reicht nicht, vom Kurswechsel immer nur zu reden, ohne das inhaltlich auch wirklich zu unterlegen. Wer als Reformer antritt, sollte Positionen halten können, auch wenn sie anderen mal weh tun.
Angela Merkel – die Watschenfrau der Nation
Im Falle von Milei heißt das: Man kann ihn scharf kritisieren und trotzdem seinen Ansatz für diskutabel halten, ein paar politische Grundsätze mal radikal infrage zu stellen. In Deutschland passiert das zu wenig.
Im Schlafwagen zieht niemand ins Kanzleramt ein
Wenn Merz aus Angst davor, auf den letzten Metern vor dem Kanzleramt anzuecken, nun Positionen räumt, denen er sein Comeback zu verdanken hatte, zeugt das nicht nur von politischer Feigheit. Es ist auch taktisch riskant. Immer mehr Menschen sind drauf und dran, das demokratische Lager Richtung ganz weit rechts zu verlassen. Merz ist eine Schlüsselfigur, wenn es darum geht, diese Wähler in der Mitte zu halten. Je stärker sie aber den Eindruck bekommen, er sei in Wahrheit ein Politiker wie jeder andere, desto enttäuschter könnten sie sich abwenden.
Noch sind es zweieinhalb Monate bis zur Wahl. Noch hat Merz die Chance für Unterscheidbarkeit zu sorgen und zu belegen, dass er den „Kurswechsel“, den er fortwährend verspricht, auch inhaltlich zu füllen vermag. Seine Partei arbeitet gerade am Wahlprogramm.
Aber die politischen Zeiten sind unruhig. Sollte es Merz darauf anlegen, nur bloß keinen Fehler zu machen, um irgendwie ins Ziel zu kommen, könnte das schiefgehen. Im „Schlafwagen“ werde niemand ins Kanzleramt einziehen, rief Markus Söder einst Armin Laschet entgegen. Daran sollte sich Friedrich Merz erinnern. Denn Söder hatte recht.
Dieser Artikel ist eine Übernahme des Stern, der wie Capital zu RTL Deutschland gehört. Auf Capital.de wird er zehn Tage hier aufrufbar sein. Danach finden Sie ihn auf www.stern.de.
Angesichts von Krise und Inflation halten die Deutschen aktuell ihr Geld zusammen. Beim Reisen stimmt das allerdings nicht – meint Reiseveranstalter Tui
Der Touristikkonzern Tui spürt bei der Nachfrage weiter nichts von der Konjunkturflaute in Deutschland. „Wir sehen in unseren Buchungszahlen keine Anzeichen einer Rezession“, sagte der neue Tui-Deutschlandchef Benjamin Jacobi bei der Vorstellung des Sommerprogramms 2025 am Donnerstag in Berlin. Mit Blick auf die Buchungen erklärte der Manager: „In Summe ist der Sommer sehr gut gestartet, und wir erwarten auch ein sehr ordentliches Wachstum für die Sommersaison 2025.“ Beliebt ist vor allem Urlaub in der Türkei. Zudem zeichnet sich ein überdurchschnittlich starker Trend zum Frühbuchen ab.
„Interessanterweise haben sich noch nie so viele Urlauber ihre Wunschreise für den nächsten Sommer bereits unmittelbar nach der Rückkehr gesichert“, sagte Jacobi. „Das Stichwort ist 'Relax, Return und Rebook'.“ Frühbucher profitieren bei dem Reiseriesen von bis zu 40 Prozent Rabatt, meist bis Ende Februar. Insgesamt dürften die Preise um zwei bis drei Prozent steigen und damit ein bisschen über der erwarteten Inflation von rund zwei Prozent liegen.
Auch Tui profitiert von FTI-Pleite
Das Reiseziel Türkei wächst bei Tui derzeit um über 30 Prozent. Mehr als eine Million Gäste will der Reisekonzern 2025 für sein dortiges Angebot gewinnen. Durch die Pleite des Konkurrenten FTI, ehemals die Nummer drei in Deutschland nach Tui und Dertour, hat Tui zuletzt 300.000 zusätzliche Angebote gemacht, davon allein 125.000 in der Türkei, wie Jacobi erklärte.
Das Land liegt damit noch vor den Balearen mit der beliebten spanischen Insel Mallorca. In der kommenden Saison offeriert Tui 400.000 zusätzliche Urlaubsmöglichkeiten, auch durch den Ausbau des eigenen Hotelangebots. „Der FTI-Anteil verteilt sich nicht nur auf die großen Drei, sondern auch auf diverse andere - wir sind zufrieden“, sagte Jacobi.
„Die griechischen Inseln starten ebenfalls mit einem hohen Buchungsplus in die Sommersaison“, teilte Tui mit, nannte aber eine Woche vor den Geschäftszahlen des MDax-Konzerns keine Details. Auch in Griechenland erwartet Tui wieder über eine Million Touristen aus Deutschland und erweitert das Angebot. Beliebt bleibt außerdem der Dauerrenner Mallorca. Die USA sind bei Tui-Gästen auch 2025 klares Lieblingsziel für Fernreisen. Hier baut das Unternehmen sein Angebot vor allem in Florida, New York, an der Westküste und auf Hawaii aus.
Die Wintersaison verzeichnet nach Tui-Angaben „ein starkes Wachstum“. Urlaubende sorgen demnach für ein deutliches Buchungswachstum bei Reisen nach Ägypten, auf die Kanarischen Inseln und in die Türkei. „Mit einem Buchungsplus von über 30 Prozent ist die türkische Riviera das Aufsteigerziel am Mittelmeer und Nummer drei im Beliebtheitsranking hinter Hurghada und Fuerteventura.“ Beliebte exotische Fernziele seien Thailand, Indonesien und verstärkt auch Vietnam.
Wer jetzt noch Urlaubstage übrig hat, sollte schnell aktiv werden. Denn grundsätzlich verfällt der Urlaub zum Jahresende. Die gute Nachricht für Arbeitnehmer: Es gibt Ausnahmen, um ihn ins nächste Jahr zu übertragen
Während einige ihre Urlaubstage am Jahresende längst aufgebraucht haben, hatten andere zu wenig Gelegenheit dazu oder haben sich noch Tage aufgespart. Dann sollte man schnell handeln, denn sie könnten verfallen – zumindest sieht dies das Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich so vor. Aber es gibt Ausnahmen und eine Mitverantwortung des Arbeitgebers.
Wichtig ist für Arbeitnehmer, die noch Tage auf dem Konto haben, sich jetzt den eigenen Arbeitsvertrag genau anzuschauen und auf individuelle Regelungen zu achten.
Arbeitgeber hat Informationspflicht
„Die gute Nachricht ist: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Urlaub nur dann verfällt, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter vorher über den möglichen Verfall unterrichtet hat“, erklärt Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln. Der Arbeitgeber hat also eine Informationspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer – und dieser muss er so frühzeitig nachkommen, dass der Mitarbeiter noch Gelegenheit dazu hat, seinen Urlaub zu planen und einzureichen. Passiert das nicht, behält der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch.
Allerdings warnt Görzel davor, sich einfach darauf zu verlassen. Es könne individuelle Regelungen geben, die davon abweichen. „Es gibt Arbeitsverträge, in denen geregelt ist, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht vorwarnen muss“, sagt er. „Deswegen sollte ein Arbeitnehmer genau hinschauen, ob es hier möglicherweise eine individuelle Regelung zum Urlaubsverfall, zur Vorwarnung oder ähnlichem gibt.“ So könne es zum Beispiel sein, dass der Arbeitgeber mehr Urlaubstage gewährt als vom Gesetzgeber vorgeschrieben, bei diesen aber nicht auf den Verfall hingewiesen werden muss.
Sollte sich jemand nicht sicher sein, was eine Klausel im Arbeitsvertrag bedeutet, empfiehlt Görzel die Kommunikation mit dem Arbeitgeber, am besten schriftlich, um im Zweifel Beweise zu haben.
Übertrag ins neue Jahr möglich
Auch wenn der Arbeitgeber vorwarnt, kann es aber sein, dass Urlaubstage übrig bleiben, etwa aus betrieblichen oder persönlichen Gründen. Waren Arbeitnehmer deshalb nicht dazu in der Lage, ihren gesamten Jahresurlaub aufzubrauchen, können sie diesen ins neue Jahr übertragen und bis zum 31. März nehmen. Zu betrieblichen Gründen zählen etwa Jahresabschlüsse oder Projekte, die im laufenden Jahr nicht mehr aufgeschoben werden können und den Urlaubsantritt verhindern. Persönliche Gründe können längere oder spontane Krankheit, die Pflege von Angehörigen oder Elternzeit sein. Bei der Elternzeit ist es sogar möglich, Urlaub mit ins übernächste Jahr zu nehmen, sofern es keine anderen Absprachen gab.
„Ich empfehle immer, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Urlaubsfrage vertrauensvoll ansprechen“, sagt Görzel. Oftmals sei es im beiderseitigen Interesse, dass Urlaub mit ins neue Jahr genommen werden kann, wenn die geschäftige Jahresendzeit vorbei ist. „Wenn in der sogenannten ,Sauregurkenzeit‘ jemand Urlaub nimmt und fehlt, ist das für den Arbeitgeber oftmals schmerzhafter, als wenn der Urlaub zwischen den Jahren oder in der ersten Januarwoche genommen wird.“
Rein betriebswirtschaftlich haben Unternehmen allerdings meist Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter ihren Urlaub nehmen wie vorgesehen. Denn für übrige Urlaubstage müssen sie Rückstellungen bilden, was den zu versteuernden Gewinn schmälert.
Dass Urlaubstage ausbezahlt werden, ist vom Gesetz übrigens nicht gewollt – auch nicht im Kündigungsfall. „Wenn ein Mitarbeiter zum 31.12. gekündigt hat, aber gerne noch bis zum Ende arbeiten, sein Büro aufräumen und die Weihnachtsfeier mitnehmen möchte, ist es nicht so, dass er der Urlaub am 1.1. automatisch ausgezahlt werden kann“, sagt Görzel. „Das hängt davon ab, ob der Mitarbeiter seinen Urlaub zu Unrecht nicht genommen hat.“
Die bayerische Justiz verschleppt die Aufarbeitung des Wirecard-Skandals. Das Verfahren steht exemplarisch für Deutschland: teuer, langsam, undigitalisiert – zum Schaden der Anleger, meint Gastautor Marc Liebscher
Der 2020 aufgeflogenen Bilanzskandal um den Münchner Zahlungsdienstleister und Dax-Konzern Wirecard ist der größte Schadensersatzfall der deutschen Justizgeschichte. Rund 50.000 Anleger wurden geschädigt und 30 Mrd. Euro Börsenwert lösten sich in Luft auf. Der deutsche Kapitalmarkt war auf internationaler Bühne bis auf die Knochen blamiert. Ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages stellte im Nachhinein massive Versäumnisse fest: von Aufsichtsbehörden, Staatsanwaltschaften und Ministerien. Mehr als ein Dutzend Beteiligte mussten ihren Hut nehmen, Gesetze wurden reformiert, und allseits wurde Besserung geschworen.
Damit richten sich nun alle Augen verständlicherweise auf die Aufarbeitung des Skandals. Ist die deutsche Justiz dem gewachsen? Das Zwischenfazit dazu ist leider ernüchternd: Insbesondere die Art und Weise, wie die zuständige bayerische Zivilgerichtsbarkeit mit Klagen auf Schadensersatz Abertausender Wirecard-Anleger verfährt ist – vorsichtig gesprochen – äußerst zweifelhaft. Nach dem Versagen beim Verhindern droht nun also ein Versagen bei der Aufarbeitung.
Dazu muss man wissen: Die Klagen zahlreicher Anleger auf Schadensersatz richten sich vor allem gegen den Abschlussprüfer EY (vormals Ernst & Young). Sie gründen auf dem Vorwurf, dass EY die Finanzberichte des Skandalkonzerns lediglich ins Blaue hinein geprüft und damit die Anleger vorsätzlich geschädigt habe. Gebündelt werden diese Abertausend Klagen durch ein besonderes gerichtliches Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, kurz KapMuG. Und dieses KapMuG-Verfahren kommt nicht voran. Schuld daran ist nicht das Gesetz – sondern die Art und Weise, wie die bayerische Justiz das Gesetz anwendet und das KapMuG-Verfahren führt.
Fehlerhafte Urteile in erster Instanz
Zur Erinnerung: Schon vor Einstieg in das Musterverfahren hatte sich die bayerische Justiz –namentlich das Landgericht München I – keineswegs mit Ruhm bekleckert. Sämtliche Klagen von Wirecard-Investoren gegen EY wurden seit Sommer 2020 durch das Landgericht vom Tisch gewischt. Die Urteile des Landgerichts aber waren derart fehlerhaft, dass sich die zweite Instanz, das Oberlandesgericht München, in einem (von mir) sogenannten Watschn-Beschluss dem Landgericht München I nach Hause leuchtete. Im Dezember 2021 attestierte das OLG dem Landgericht, die Wirecard-Klagen oberflächlich und grundrechtswidrig zum Nachteil der Anleger abgewiesen zu haben. Dem Landgericht München I wurde also bei der Beurteilung des größten Schadensfalls in der Geschichte des deutschen Kapitalmarkts krasse Justizfehler angekreidet.
Damit aber nicht genug: Im Rahmen des nunmehr seit mehreren Jahren laufenden KapMuG-Verfahrens zur Bündelung aller Schadensersatzklagen von Wirecard-Investoren hat das Bayerische Oberste Landesgericht anlässlich der mündlichen Verhandlung am 22. November 2024 dem Landgericht München I eine zweite Watschn verpasst: Das Oberste Landesgericht zerpflückte öffentlich die Vorlage des Landgerichts München I zu den „Feststellungszielen“ des KapMuG-Verfahrens. „Die juristische Qualität des Vorlagebeschlusses ist, sehr vorsichtig formuliert, äußerst dürftig“, erklärte das Bayerische Oberste Landesgericht wörtlich. Ein Paukenschlag: Der Vorlagebeschluss – also das zentrale Verfahrensdokument für die Bündelung der Schadensersatzklagen im KapMuG-Verfahren – ist zu 95 Prozent unbrauchbar.
21-11-24 Wirecard Musterverfahren
Aber auch das Watschn austeilende Bayerische Oberste Landegericht steht selbst zu Recht in der Kritik. Das Gericht führt das KapMuG-Verfahren nicht zügig und pragmatisch, sondern verzögert durch kleinteilige und unkluge Verfahrensführung dessen Vorankommen und wendet Digitalisierungsmöglichkeiten anfängerhaft an. Im KapMuG-Verfahren sind so schon mehr als zwei Jahre verstrichen, ohne dass nennenswerter Fortschritt zu erkennen ist.
Es droht ein Endlosprozess
Zunächst dauerte schon die Auswahl des Musterklägers – zwar ein wesentlicher, aber nicht wirklich komplexer Schritt – ein Jahr. Sodann benötigte das Bayerische Oberste mehr als ein weiteres Jahr, um über die Zulässigkeit des Vorlagebeschlusses und seiner rund 50 Feststellungsiele zu verhandeln. In der Sache, also ob EY gegenüber den Klägern haftet, hat sich also nach all den Jahren noch gar nichts getan. Damit droht das Wirecard-KapMuG zum Endlosprozess zu verkommen.
Arbeitsüberlastung der deutschen Ziviljustiz erklärt dieses Versagen nicht. Die Eingangszahlen neuer Verfahren (und damit die Arbeit) in der Zivilgerichtsbarkeit sind seit Jahren massiv rückläufig – seit 2004 minus ein Drittel. Auch beschäftigt Deutschland eine hohe Anzahl an RichterInnen pro Einwohner. Die Bundesrepublik liegt mit mehr als 22.000 tätigen Richtern nur knapp hinter den auf die Bevölkerung bezogen fast viermal so großen USA mit 24.000 Berufsrichtern. Damit leistet sich Deutschland fast dreimal so viele Richter wie Frankreich und Italien und viermal so viele wie England (mit Wales).
Die Ursachen für das drohende Versagen der bayerischen Justiz liegen vor allem in der Art und Weise wie richterliche Rechtsprechungsarbeit zunehmend in Deutschland organisiert wird: teuer, langsam, mühevoll, unberechenbar, unpragmatisch, undigitalisiert, fortbildungsfern, unspezialisiert.
Was bedeutet dies alles nun aber konkret für Wirecard-Investoren, die EY auf Schadensersatz verklagt haben? Vieles spricht dafür, dass am Ende die Kläger gegen EY Recht bekommen. Aber bis dahin ist es ein langer Weg, und EY nutzt die Zeit, Haftungsmasse in Sicherheit zu bringen.
Zunächst einmal aber wird das Bayerische Oberste Landesgericht am 27. Februar 2025 erst einmal entscheiden (drei Jahre nach Start!), ob das Sammelverfahren nach dem KapMuG gegen EY überhaupt anwendbar ist. Davon gehen die meisten Beobachter aus, hat doch der Gesetzgeber selbst im Sommer erklärt, dass nach seiner Auslegung auch Testate von Abschlussprüfern für Jahresabschlüsse von Kapitalmarkt-Emittenten in den Anwendungsbereich des KapMuG fallen. Dann kann sich das Gericht endlich dem Inhalt des Falles zuwenden.
11-12-23 Gastbeitrag KapMuG Text
Aber leider hat das Bayerische Oberste in der mündlichen Verhandlung Ende November wenig Hoffnung darauf gemacht, dass dies zügig geschehen wird: Für die weiteren mehr als 100 Feststellungsziele werde man kleinteilig erstmal prüfen, ob man sich mit denen überhaupt befassen wolle. Da wird dem Justizunterworfenen Angst und Bange: Für die ersten 50 Ziele benötigte das Gericht ein Jahr – lediglich um festzustellen, mit welchen es sich, in einem später kommenden Schritt, inhaltlich auseinandersetzen möchte.
Deutschlands Ruf steht auf dem Spiel
Aber trotz allen Zeitverzugs: Blickt man auf die Ergebnisse des Bundestags-Untersuchungsausschusses, auf die Feststellung des vom Deutschen Bundestag beauftragten sogenannten Wambach-Berichts und die Verlautbarungen des Gerichts, so scheint eine Haftung von EY geradezu vorgezeichnet. Dafür spricht letztlich auch, dass EY Deutschland in einer gut geplanten Aktion Anfang 2024 begonnen hat, seine Haftungsmasse weg zu verschieben. Durch eine formwechselnde Umwandlung der ursprünglich verklagten EY GmbH in eine EY GmbH & Co. KG sind jene drei Unternehmenslinien von EY, die gute Umsätze und hohe Gewinn erwirtschaften, mit Wirkung zum Sommer aus der verklagten EY-Einheit herausgezogen worden. Als Haftungsmasse verblieben ist lediglich die Unternehmenslinie Wirtschaftsprüfung, welche traditionell die geringsten Umsätze und Gewinne beibringt.
Die Erträge aus den Geschäftsbereichen Steuerberatung, Strategie- und Transaktionsberatung sowie die Unternehmensberatung sollen so vor Wirecard-Haftungsklagen abgeschirmt werden. Zwar besteht eine sogenannte Nachhaftung der ausgeschiedenen Gesellschaften für die Dauer von fünf Jahren. Angesichts des langsamen Agierens der Justiz im KapMuG-Verfahren ist aber höchst zweifelhaft, ob in dieser Zeit rechtskräftige Urteile gegen EY vorliegen werden. Gegen die Entreicherung der EY-Rechtsnachfolgerin kämpfen die Kläger vehement an. Eine Stoßrichtung wird sein, auch andere EY-Gesellschaften, beispielsweise in den USA oder Asien, in Haftung zu nehmen.
Das Zwischenergebnis: Wie bei der (nicht erfolgten) Verhinderung des Wirecard-Skandals werden nun, wie unter einem Brennglas, bei der justiziellen Aufarbeitung wiederum erhebliche Defizite deutscher Kapitalmarktinstitutionen offengelegt – auch für die Augen der internationalen Öffentlichkeit. Dessen und ihrer Verantwortung müssen sich alle Beteiligten bewusst sein.
Nur mal kurz einsteigen oder gleich umsteigen? Wir unterziehen Neuwagen einem Check – vor allem aktuelle E-Modelle. Diesmal: Opel Astra Sports Tourer GSe Hybrid
Einsteigen
Aufgeräumt und schnörkellos – das Design des Astra Sports Tourer erinnert an die coolen 1970er-Jahre. Die schwarze Front, „Vizor“ genannt, findet sich innen als Bildschirm wieder. Klasse! Im Kofferraum sind üppige 430 bis 1320 Liter Platz.
Fahren
Gut, 225 PS – davon 110 elektrisch – klingt nicht gerade viel für die Sport-Variante des Astra. Dafür sind Beschleunigung (in 7,6 Sekunden auf 100), Lenkung und Bremse recht dynamisch. So geht es agil, direkt und komfortabel um die Kurven.
Staunen
Elektro- und Benzinmotor harmonieren gut, auch beim Verbrauch: Wer zu Hause fleißig lädt und ein Drittel der Strecken elektrisch fährt, braucht nur 4,2 Liter Benzin und 9 kWh Strom auf 100 Kilometer. Sparsamer ist kein Diesel in dieser Klasse.
Laden
Der Plug-in-Hybrid der Modellreihe kann theoretisch über 60 Kilometer elektrisch fahren. Davon sind 50 realistisch, dann rollt man besser mit Benzin weiter. Die 12,4 kWh große Batterie unterwegs zu laden, würde nämlich fast zwei Stunden dauern.
Fazit
Der Opel Astra GSe zeigt, warum sich Plug-in-Hybride zu Recht weiterhin großer Beliebtheit erfreuen. Schließlich kombiniert er das Beste der alten Verbrenner- mit der neuen Strom-Welt. Das kostet: die GSe-Variante als Kombi ab 48.760 Euro.
Flammt nach dem Sturz der Regierung in Frankreich die Eurokrise wieder auf? Die Kreditkosten für das hoch verschuldete Land sind bedrohlich angestiegen. Doch Frankreich hat ganz andere Probleme als Griechenland 2010
Frankreich ist in eine Regierungskrise geschlittert: Rechte und linke Parteien haben den Sturz von Ministerpräsident Michel Barnier herbeigeführt. Entzündet hat sich der Streit an den Haushaltsplänen der Regierung für das kommende Jahr. Barnier wollte das Haushaltsdefizit von mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf fünf Prozent drücken. Die Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen wollten das linke Lager und die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen nicht mittragen. Da sie gemeinsam über eine Mehrheit in der französischen Nationalversammlung verfügen, war Barniers Schicksal besiegelt.
Das befürchtete Unwetter an den Finanzmärkten blieb jedoch aus. Der Euro notierte bis zu 0,2 Prozent fester bei 1,0529 Dollar. „Das Ende der Barnier-Regierung war an den Märkten bereits eingepreist,“ sagte Thomas Altmann von QC Partners. Die Kreditkosten der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone waren bereits vor dem Misstrauensvotum bedrohlich angestiegen. Vergleiche mit der Situation Griechenlands 2012 wurden laut, als die Rendite französischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit seit Montag die für griechische Papiere mehrmals überstieg.
Am Donnerstag zeichnete sich ein wenig Entspannung ab: Die Lücke zwischen französischen und deutschen Renditen für zehnjährige Staatsanleihen – ein Maß für die Risikoprämie, die Anleger verlangen – sank am Donnerstag leicht auf rund 0,81 Prozentpunkte. Am Montag hatte sie mit 0,90 Punkten den höchsten Abstand seit 2012 erreicht.
Keine Eurokrise 2.0
Doch von einer neuerlichen Eurokrise kann momentan keine Rede sein. „Eine neue Eurokrise droht aktuell nicht“, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick. Auch Holger Schmieding von der Berenberg Bank erwartet kein Wiederaufflammen der Eurokrise. „Wenn nötig, könnte die EZB eingreifen – wahrscheinlich eher mit Worten als mit tatsächlichen Anleihekäufen – um eine mögliche Ansteckung anderer Länder im Keim zu ersticken“, schrieb er in einer Analyse. So können etwa mit dem Transmissionsschutz-Instrument (TPI) Anleihen einzelner Euro-Staaten in unbegrenztem Umfang gekauft werden, um unangemessen hohe Renditeaufschläge zu verhindern.
„Die Marktteilnehmer runzeln die Stirn über Frankreich, wenden sich aber nicht ab“, sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. „Dahinter steht die Erwartung, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft des Euroraums bei allen inneren politischen Differenzen eine Perspektive zur Konsolidierung des Haushalts vorlegen wird, insbesondere, wenn die Finanzmärkte deutliche Stresssignale aussenden sollten.“ So steht das angeschlagene Frankreich wirtschaftlich da
Nach dem Sturz der Regierung könnte sich die Konsolidierung des Haushaltes jedoch länger hinziehen. Schmieding warnt, dass die Einschnitte dann heftiger ausfallen müssten. Schon jetzt sieht er Wachstumshemmnisse. Die Gemengelage in der Nationalversammlung könnte dazu führen, dass einige der Reformen von Präsident Emmanuel Macron, die das Wachstum gefördert haben, wieder rückgängig gemacht werden. Schon Barnier hatte vorgesehen, die Senkung der Unternehmenssteuern teilweise wieder zurückzunehmen. „In Verbindung mit der größeren politischen Unsicherheit und den erhöhten Risikoprämien wird diese Aussicht wahrscheinlich die Unternehmensinvestitionen belasten“, so Schmieding.
Frankreich wächst schneller als Deutschland
Anders als die Staatsfinanzen befindet sich Frankreichs Volkswirtschaft in einem vergleichsweise stabilen Zustand. Seit dem Ende der Coronapandemie und dem Beginn des Ukrainekriegs weist das Land ein höheres Wirtschaftswachstum auf als Deutschland. Zwar hat die Industrieländervereinigung OECD zuletzt auch ihre Konjunkturprognose für Frankreich gesenkt. Aber das Land wird demnach im kommenden Jahr um 0,9 Prozent zulegen, immerhin zwei Zehntelprozentpunkte mehr als Deutschland. Und während Deutschland 2023 und 2024 den Berechnungen zufolge Stagnation und Rezession erlebte, gelang es Frankreich immerhin um 0,7 Prozent im vergangenen Jahr und um 1,1 Prozent im laufenden Jahr zuzulegen.
Die schweren strukturellen Probleme in Frankreich beziehen sich fast durchgehend auf den Staat und seine Kosten, nicht aber auf die Unternehmen. Zumindest die französischen Großunternehmen sind erfolgreich, dynamisch und exportorientiert. Firmen wie der Pharmakonzern Sanofi, der Techniklieferant Schneider Electric, der Ölkonzern Total oder die im Luxusgeschäft tätigen Konsumgüterkonzerne LVMH und L’Oréal würden stark profitieren, wenn die Weltwirtschaft wieder anzieht.
Dazu kommt das positive Gründungsklima in Frankreich in den letzten Jahren. Mit einem „zweiten Griechenland“, wie manche in den vergangenen Tagen raunten, hat die Lage in Frankreich bei allen Strukturproblemen nichts zu tun. Und die hohen Staatsausgaben haben zwar viele Nachteile aber immerhin auch den Vorteil, dass Frankreich bei seiner Infrastruktur bei weitem nicht so viel Nachholbedarf hat wie Deutschland.
Macron ist am Zug
Doch die politische Krise in Frankreich trifft auch die Bundesrepublik. Die politische Instabilität lähme Frankreich, sagte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, der Nachrichtenagentur Reuters. „Das werden auch die deutschen Exporteure zu spüren bekommen.“ Mit einem bilateralen Handelsvolumen von mehr als 190 Mrd. Euro und Investitionen in Höhe von 80 Mrd. Euro durch mehr als 2600 deutsche Firmen zähle Frankreich zu den wichtigsten Märkten für die heimische Wirtschaft, so die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK).01-12-24 C+ ETF im Fokus Euro-Staatsanleihen
Wie geht es jetzt in Frankreich weiter ohne Haushalt? „Solange kein neues Haushaltsgesetz verabschiedet ist, zeichnet sich eine sehr restriktive Fiskalpolitik in Frankreich ab“, sagte Bantleon-Chefökonom Daniel Hartmann. Die Ausgaben seien auf dem Niveau des Vorjahres gedeckelt. Außerdem werde es zu einer ‚heimlichen‘ Steuererhöhung kommen – „es entfällt die automatische Anpassung der Einkommenssteuertabelle an die Inflation“.
Politisch ist nun Präsident Macron am Zug. Er muss jemanden finden, der eine Mehrheit in der Nationalversammlung hinter sich bringen kann. Einsparungen und Steuererhöhungen werden unter den gegebenen Umständen schwer durchsetzbar sein.